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13. Online-Veranstaltung am 13. September 2023 zum spanischen Kartellschadensersatzrecht

„Spanien, Kartellschadensersatz nach der Siesta“ – so lautete der Titel der Präsentation für den C-L-F. Und ja, von einer Siesta kann keine Rede mehr sein. Allein zum Lkw-Kartell bringen es die spanischen Gerichte inzwischen auf über 5.000 Urteile in erster Instanz, rund 2.500 Urteile in zweiter Instanz und (allein im Juni 2023) 15 Kassationsurteile – die den Klägern in 94 % der Verfahren Schadensersatz zusprechen. Hinzu kommen die Schadensersatzklagen zu weiteren Kartellfällen. Spanien hat sich in diesem Bereich längst zu einer treibenden Kraft in Europa entwickelt, was sich auch in den zahlreich von dort aus veranlassten EuGH-Urteilen niederschlägt.

Dr. Julia Suderow hat uns einen sehr informativen und lebendigen Eindruck von der Entwicklung und dem aktuellen Stand des Kartellschadensersatzrechts in Spanien gegeben. Als in Deutschland zugelassene Rechtsanwältin und spanische Abogada mit eigener Kanzlei und Lehrauftrag in Bilbao sowie langjähriger einschlägiger Erfahrung ist sie dafür bestens prädestiniert. Rund 30 Mitglieder des C-L-F haben diese Gelegenheit zu einem Blick über den deutschen Tellerrand hinaus wahrgenommen. Im Anschluss an den Vortrag gab es interessierte Nachfragen und Anmerkungen; ein Teilnehmer sei nach eigenem Bekunden gar zum „Fan“ des spanischen Systems geworden.

Wie wir erfahren durften, geht die hohe Fallzahl im Lkw-Fall wesentlich auf die Aktivität kleiner, nicht spezialisierter Kanzleien zurück, die auf Erfolgshonorarbasis tätig sind und ihre Klagen vorsichtshalber eng eingrenzen, z.B. durch getrennte Erhebung gegen jeden einzelnen Hersteller. Die Gerichte neigen zugleich zu einem gewissen Automatismus bei der Abfassung ihrer Urteile, was wiederum zu bemerkenswert kurzen Verfahrensdauern führen kann (z.B. von sechs Monaten bis zum erstinstanzlichen Urteil beim Autokartell). Gerichtssachverständige spielen praktisch keine Rolle, der bloße Verweis von Klägern auf allgemeine Meta-Studien zu Kartelleffekten genügt aber auch nicht. Vielmehr machen die spanischen Gerichte rege von ihrer Befugnis zu Schadensschätzung auf der Grundlage der Umstände des Einzelfalls Gebrauch. Nach der jüngsten Rechtsprechung des Tribunal Supremo scheint sich dabei zumindest im Lkw-Fall die Vermutung eines Mindestschadens von 5 % Preisüberhöhung herauszukristallisieren.

Die relevante Rechtslage in Spanien hat sich schon vor Umsetzung der Kartellschadensersatz-Richtline 2014/104/EU zu weiten Teilen an dieser orientiert. Die spanischen Gerichte haben aber auch mit wachen Augen auf die Entwicklungen in den anderen nationalen Rechtsordnungen Europas geschaut, etwa in den Niederlanden und in Deutschland. Umso mehr ein Grund, den Blick von uns aus jetzt zurückzuwerfen und voneinander zu lernen.

Die Slides der Referentin werden an alle Mitglieder zirkuliert.

(Carsten Krüger, Vorstand)

12. Präsenzveranstaltung am 4. Mai 2023 in München


Am 4. Mai 2023 fand erstmalig eine Präsenzveranstaltung des Competition Litigation Forum in München statt. Bei Lieff Cabraser Heimann & Bernstein diskutierten mehr als 35 Teilnehmerinnen und Teilnehmer das Thema „Third Party Litigation Funding: Fluch oder Segen?“.

Die Prozessfinanzierung durch Dritte (sog. Third Party Litigation Funding, TPLF) ist in Kontinentaleuropa seit Jahrzehnten verfügbar und wird von Klägern insbesondere im Zusammenhang mit dem Anstieg privater Kartellschadensersatzverfahren seit Mitte der 2000er Jahre zunehmend in Betracht gezogen.

TPLF ist auch im Zusammenhang mit der europäischen Richtlinie über kollektive Rechtsdurchsetzung stärker in den Fokus gerückt. Diese sieht vor, dass die EU-Mitgliedstaaten TPLF in kollektiven Klagen in Bezug auf Verbraucheransprüche zulassen oder verbieten können.

Unsere fünf Referenten beleuchteten das Thema TPLF aus allen Perspektiven; moderiert wurde die Veranstaltung von den C-L-F-Vorständen Dr. Katharina Kolb von Lieff Cabraser und Dr. Peter Gey von WilmerHale.

Jacek Garstka, Legislative Officer bei der Generaldirektion Justiz und Verbraucher, stellte die Erwägungen der Europäischen Kommission vor. Die Europäische Kommission wird zunächst die Entwicklungen von TPLF im Zusammenhang mit der Umsetzung der Collective Redress Directive beobachten, bevor etwaige Schritte im Hinblick auf die Resolution des Europäischen Parlaments vom 13. September 2022 mit Empfehlungen an die Kommission zur verantwortungsvollen privaten Finanzierung von Rechtsstreitigkeiten ergriffen werden.

Susanne Augenhofer, Professorin für Rechtswissenschaften an der Universität Innsbruck, Senior Research Scholar an der Yale Law School und Projektbeauftragte des European Law Institute für das Thema TPLF brachte die Perspektive aus der Wissenschaft ein und zeigte insbesondere auf, an welchen Stellen die Datengrundlage für die Resolution des Europäischen Parlaments und des dahinterstehenden Berichts von Axel Voss der Überprüfung bedarf.

Dr. Jörn Eschment, Direktor bei Burford Capital und Leiter des dortigen Investment Arm für Deutschland, Österreich und die Schweiz, sowie Dr. Malte Stübinger, General Counsel Germany bei Deminor, beleuchteten die aktuellen gesetzgeberischen Bestrebungen aus Sicht der in Europa tätigen Funder. Über die spontane Unterstützung, die sie von Thomas Kohlmeier, Co-CEO und Partner von Nivalion, erhielten, haben wir uns ebenfalls besonders gefreut.

Fazit der Diskussion: Zum jetzigen Zeitpunkt ist nicht abzusehen, ob Prozessfinanzierer in Zukunft in der Lage sein werden, unter einem vernünftigen EU-weiten Rahmen Zugang zu einem wachsenden Markt zu erhalten, oder ob eine zu strenge Regulierung das weitere Wachstum behindern wird. Eine unausgewogene Regulierung von TPLF wird sich nicht nur auf Fragen des Verbraucherschutzes, sondern auch auf TPLF für Unternehmen auswirken. Sie kann insbesondere die Möglichkeiten privater Kartellschadensersatzklagen und damit die Wirksamkeit des europäischen Kartellschadensersatzrechts beeinträchtigen, die auf dem Grundsatz beruht, dass sowohl die öffentliche als auch die private Durchsetzung notwendig ist, damit das europäische Wettbewerbsrecht seine volle Wirksamkeit entfalten kann.

(Katharina Kolb, Vorstand)

11. Online-Veranstaltung am 2. März 2023 zum Private Enforcement des DMA

Wir beschäftigten uns mit der möglichen zukünftigen privatrechtlichen Durchsetzung der Verhaltenspflichten des DMA. Nicht nur ein Blick in den DMA zeigt, dass der leichte Zugang zu diesem Thema nicht etwa durch die etwaige Macht von möglichen Torwächtern versperrt ist, sondern vor allem durch die Komplexität der Materie. Daher waren wir sehr dankbar, dass wir ausgewiesene Experten für das Panel der Online-Veranstaltung gewinnen konnten. Mehr als 100 Mitglieder und Mitgliederinnen des CLF nahmen an der Online-Veranstaltung teil.

Dr. Niklas Brüggemann von der Generaldirektion Wettbewerb der Europäischen Kommission und dort in der Private Enforcement Unit tätig, hat uns eine sehr gute Einführung in den DMA gegeben. Er hat auch seine Sicht dazu dargestellt, warum und unter welchen Bedingungen welche Vorschriften des DMA privatrechtlich durchgesetzt werden können. 

Prof. Dr. Thomas Höppner, Partner bei Hausfeld, Berlin, hat uns einen Einblick in die Möglichkeiten des Private Enforcement des DMA insbesondere aus Klägersicht gegeben.

Thomas Graf, Partner bei Cleary Gottlieb, Brüssel, hat seine Sicht hierzu insbesondere aus Sicht möglicher Torwächter erläutert.  

Im Anschluss haben wir, wie es dem CLF entspricht, die aufgeworfenen Fragen auch aufgrund von Fragen der Teilnehmenden weiter offen und auf hohem Niveau mit den Panelisten diskutiert.

Resümierend bleibt festzustellen: Wir haben nicht nur ein brandaktuelles, sondern auch ein noch lange nicht geklärtes Thema diskutiert, das uns noch viele Jahre beschäftigen wird. Der DMA und seine mögliche privatrechtliche Durchsetzung stehen derzeit oben auf der EU-weiten Diskussionsagenda. Unsere Panelisten haben uns, wie erhofft, durch ihre hervorragenden und teilweise auch kontroversen Beiträge einen Einblick in die Zukunft des Private Enforcement des DMA verschafft. Einigkeit bestand darüber, dass zumindest einige der Verhaltenspflichten des DMA insbesondere aus Art. 5 und 6 privatrechtlich durchgesetzt werden können. Das Bonmot des toten Pferdes (kein Private Enforcement des DMA), von dem man absteigen solle, brachte es auf den Punkt. Für welche Vorschriften dies unter welchen Bedingungen gilt, wird die Praxis zeigen. Dies wird auch dafür gelten, ob und inwieweit der DMA mit Hilfe von Unterlassungs-, Beseitigungs-, Herausgabe-, Zugangs- und/oder Schadensersatzansprüchen durchgesetzt werden kann und ob und inwieweit hierfür ggf. auch der Eilrechtsschutz in Frage kommt. In Deutschland hängt dies ja auch davon ab, ob und in welcher Weise, wie vom Referentenentwurf zur 11. GWB-Novelle vorgesehen, Vorschriften zum Private Enforcement des DMA in §§ 33 ff. GWB aufgenommen werden. Es bleibt spannend.   

Die Slides der Referenten wurden an alle Mitglieder zirkuliert.

(Eckart Wagner, Vorstand)

10. Präsenzveranstaltung und Mitglieder-versammlung am 7. November 2022 in Düsseldorf

Am 7. November 2022 fand unsere 10. Präsenzveranstaltung im Haus der Universität Düsseldorf vor rund 80 Mitgliedern statt. Wir haben uns mit den Wechselwirkungen von Kronzeugenprogrammen und der privaten Kartellrechtsdurchsetzung befasst.

Mitgliederversammlung

Bevor wir jedoch in die spannende Diskussion eingestiegen konnten, widmeten wir uns zunächst dem Vereinsrecht und hielten unsere ordentliche Mitgliederversammlung ab. 30 stimmberechtigte Mitglieder nahmen teil und ernannten einstimmig die neuen Vorstände

– Dr. Sarah Milde, Rechtsanwältin bei Hengeler Mueller in München,
– Dr. Katharina Kolb, Rechtsanwältin bei Lieff Cabraser in München, und
– Dr. Niels Frank, Wettbewerbsökonom bei Lademann in Hamburg.

Nicht erneut zur Wahl stellten sich Sebastian Max Hauser, Rechtsanwalt bei Latham & Watkins sowie Joachim Lehnhardt, Rechtsanwalt bei Quinn Emanuel. Die anwesenden Mitglieder und der gesamte Vorstand bedankten sich für Ihre Verdienste am Verein. Der übrige Vorstand wurde einstimmig für eine weitere Amtsperiode bestätigt.

Kronzeugenprogramm ./. Private Enforcement

Den Einstieg in die Auseinandersetzung zwischen dem Schutz des Kronzeugenprogramms und der privaten Rechtsdurchsetzung machte der Präsident des Bundeskartellamts, Andreas Mundt. Er substantiierte die schon bekannte Position des Amtes, wonach eine unterschiedslose Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen auch gegenüber Kronzeugen die Attraktivität des Kronzeugenprogramms ernsthaft gefährde und verwies auf einen entsprechenden Rückgang von Kronzeugenanträgen. Das Amt hat in seinem Tätigkeitsbericht 2019/2020 (Link) auf den starken Rückgang der Kronzeugenanträge seit Umsetzung der Kartellschadensersatzrichtlinie 2017 ermittelt (a.a.O., S. 39, Markierung hinzugefügt):

Allerdings distanzierte sich Herr Mundt ausdrücklich von dem ihm in diesem Zusammenhang zugeschriebenen Wort der „Klageindustrie“ aus einem Interview mit dem Handelsblatt (Link, Paywall). Dieses Wort habe er nicht verwendet, sondern der Redakteur zuspitzend eingefügt. Schließlich stellte Herr Mundt klar, dass ohne Aufdeckung von Kartellen auch die private Kartellrechtsdurchsetzung leiden werde. Und Kartelle werden nun mal überwiegend durch Kronzeugenanträge aufgedeckt. Daher trete er für eine weitergehende Privilegierung von Kronzeugen ein.

Sodann stellte Prof. Dr. Christian Kersting von der HHU seine Sichtweise dar (s. auch NZKart 2022, 309-314 Link). Auch er erkennt die Notwendigkeit der Privilegierung des Kronzeugen. Allerdings dürfe diese Privilegierung nicht im Außenverhältnis zu den durch das Kartell Geschädigten wirken, sondern nur im Innenverhältnis zwischen den Kartellanten. Hier hält Prof. Kersting eine Privilegierung des Kronzeugen beim Gesamtschuldnerausgleich für denkbar, und zwar bis zu einer Ausgleichsquote von 100%. Die Praktikabilität dieser Ansicht belegte Prof. Kersting mit einer Beispielrechnung. Für diesen Ausgleichsanspruch des Kronzeugen solle wiederum eine gesamtschuldnerische Haftung der übrigen Kartellanten entstehen.

Im Anschluss kam er zu einer sehr offenen und kontroversen Diskussion. Teilweise wurde bereits die Prämisse infrage gestellt, dass der Rückgang von Kronzeugenanträgen mit der privaten Rechtsdurchsetzung zusammenhänge. Denn diese habe zumindest in Deutschland noch nicht die Durchschlagskraft erreicht, dass sie in derartig verhaltenssteuernd wirken könne. Andere erkannten eher Mängel in dem Kronzeugenverfahren, welche die Attraktivität reduzierten. Herr Mundt stelle sich offen auch kritischen Positionen und bewies einmal mehr, wie tief er trotz seiner herausgehobenen Stellung noch immer der Materie verhaftet ist. Gut so!

Im Anschluss ging die Diskussion bei Wein & Snacks noch lange weiter. Eine sehr schöne Veranstaltung, über die auch das D’Kart Blog berichtet hat (Link).

(Rüdiger Lahme, Vorstand)

9. Präsenzveranstaltung am 8. September 2022 in Berlin


Am 8. September 2022 empfingen die Kollegen von Raue das Competition Litigation Forum in Berlin zur 9. Präsenzveranstaltung. Eingerahmt von der beeindruckenden Kunstsammlung des Namenspartners Prof. Dr. Peter Raue und der Berliner Skyline, erwartete die über 50 Teilnehmer ein inspirierendes Ambiente.

Für fachliche Inspiration sorgte Dr. Gero Meeßen (Juristischer Dienst der Europäischen Kommission) mit einem Vortag zur privaten Kartellrechtsdurchsetzung in der aktuellen Rechtsprechung des EuGH. Dr. Meeßen hat sich bereits in seiner Dissertation („Der Anspruch auf Schadensersatz bei Verstößen gegen EU-Kartellrecht – Konturen eines Europäischen Kartelldeliktsrechts?“ Link)  intensiv mit dem Private Enforcement befasst. Danach war er zunächst beim Bundeskartellamt (u.a. in der Grundsatzabteilung) tätig, bevor er zur Europäischen Kommission wechselte. Dort nimmt er als Mitglied des Juristischen Dienstes regelmäßig die Vertretung der Kommission vor dem EuGH wahr und war an vielen wichtigen Entscheidungen zur privaten Kartellrechtsdurchsetzung beteiligt.

Dr. Meeßen nahm die Mitglieder des C-L-F auf einen facettenreich Parforceritt durch die wegweisenden Entscheidungen des EuGH zur privaten Kartellrechtsdurchsetzung: von CDC und Courage über Skanska und Sumal bis Volvo und Wikingerhof. Der Vortrag gab nicht nur einen weitergefächerten Überblick über die inzwischen umfangreiche Entscheidungspraxis des EuGH, sondern gewährte auch interessante Einblicke aus dem Inneren der Kommission. Doch ein Blick in die Zukunft sollte nicht ausbleiben. So schloss Dr. Meeßen seinen Vortrag mit aktuellen Fragen im Zusammenspiel von Private Enforcement und Regulierungsrecht ab. Zahlreiche Wortbeiträge der Mitglieder reicherten den gehaltvollen Vortrag weiter an. Unser Beirat Dr. Johannes Holzwarth, leitete die kontroverse Diskussion. Über deren Inhalt ist nach den Chatham-House-Rules Schweigen zu wahren. Zur Sprache kamen jedenfalls:

C- 127/73, BRT and SABAM [1974], ECR 51
C-344/98, Masterfoods
C-453/99, Courage
Verb. Rs. C-295/04 to C-298/04, Manfredi et al.
C-360/09, Pfleiderer
C‑199/11, EC v. Otis et al.
C‑536/11, Donau Chemie
C-557/12, KONE
C-302/13, flyLAL Lithuanian Airlines
C-352/13, CDC Hydrogen Peroxide
C-27/17, flyLAL Lithuanian Airlines
C-595/17, Apple Sales International
C-637/17, Cogeco
C-724/17, Skanska
C-435/18, Land Oberösterreich vs. Otis et al.
C-451/18, Tibor Trans

C-59/19, Wikingerhof vs. Booking.com
C‑819/19, Stichting Cartel Compensation
C-882/19, Sumal, Passivlegitimation
C-30/20, Volvo / RH (Madrid)
C-267/20, DAF/Volvo (Leon)
C-588/20, Daimler (Hannover)
C-721/20 DB Mobility
C-57/21, Regiojet (Prag)
C-163/21, PACCAR (Barcelona)
C-312/21, Traficos Manuel Ferrer (Valencia)
C-605/21 Heureka vs. Google
E-6/17 Fjarskipti v. Siminn
E-10/17 Nye Kystlink v. Colour Line

Im Anschluss an den Vortrag klang die Veranstaltung bei allerlei Köstlichkeiten und kühlen Getränken noch länger aus.

(Isabelle von Thuemmler)

8. Präsenzveranstaltung am 13. Mai 2022 in Hamburg

Am 13. Mai 2022 fand im beeindruckenden Kuppelbau der Universität Hamburg nach über zwei Jahren pandemiebedingter Pause wieder eine echte Präsenzveranstaltung des C-L-F statt. Die Vorfreude hat sich gelohnt: zwei hervorragende Vorträge, eine lebhafte Diskussionsrunde und das ein oder andere kühle Getränk am Alsterufer – ein mehr als gelungener Start in die Veranstaltungs-Normalität!

Den Auftakt der Veranstaltung machte Dr. Jan Tolkmitt, Richter am neu aufgestellten Kartellsenat des Bundesgerichtshofs, mit einem Bericht über die aktuelle Rechtsprechung zum Kartellschadensersatzrecht. Der Vortrag begann mit den dogmatischen „Basics“, dem Haftungsgrund des Kartellschadens-ersatzanspruchs, insbesondere der Bedeutung des ungeschriebenen Merkmals der Kartellbetroffenheit nach der Schienenkartell II-Entscheidung. Weiter ging es mit der komplexen Pass-on Problematik in den Schienenkartell IV und Schienenkartell V-Entscheidungen, u.a. der Frage, wie der Zielkonflikt zwischen vollständiger Kompensation der Geschädigten und Vermeidung einer Mehrfachinanspruchnahme der Schädiger aufgelöst werden kann. Sodann ging es um Fragen der Schadenspauschalierung durch AGB-Klauseln, die in der Schienenkartell VI-Entscheidung eine große Rolle spielten. Der spannende Vortrag endete mit Ausführungen zum Beweisrecht, das in jedem Kartellschadensersatzprozess von enormer Bedeutung ist, und dem Umgang mit ökonomischen Gutachten und alternativen Ansätzen zur Schadensfeststellung.

Den zweiten Vortrag hielt Prof. Dr. Christian Heinze, Leiter des Institut für Gesellschafts- und Wirtschaftsrecht an der Universität Heidelberg. Prof. Heinze sprang spontan für den kurzfristig verhinderten Dr. Gero Meeßen vom Juristischen Dienst der Europäischen Kommission ein, dessen Vortrag bei Gelegenheit in einer kommenden C-L-F-Veranstaltungen nachgeholt wird. Er sprach über die brisante Thematik der Vereinbarkeit kartellrechtlicher Inkasso-Sammelklagen mit dem Rechtsdienstleistungsgesetz: Verstoßen Inkassodienstleister, die sich kartelldeliktische Ansprüche mehrerer Geschädigter abtreten lassen und diese gebündelt gerichtlich gelten machen und ggf. mit einem Prozessfinanzierer zusammenarbeiten, gegen § 3 RDG oder § 4 RDG? Führt ein Verstoß gegen § 3 RDG und § 4 RDG zur Nichtigkeit der Forderungsabtretungen? In knapp zwanzig Minuten gab Prof. Heinze den TeilnehmerInnen einen kompakten Überblick über die aktuelle Rechtsprechung, insbesondere die jüngere AirDeal-Entscheidung des Bundesgerichtshof, und erläuterte seine Sicht der Dinge, die sich bei Interesse in der aktuellen Ausgabe der NZKart (2022, 193) nachlesen lässt.

Im Anschluss an die beiden Vorträge folge eine „C-L-F-typische“ angeregte, kontroverse Diskussionsrunde, die von Prof. Dr. Wolfgang Wurmest von der Universität Hamburg hervorragend geleitet wurde. Über den Inhalt der Diskussion ist nach den Chatham-House-Rules Schweigen zu wahren.

Nach einem kurzen Spaziergang im Sonnenschein startete der gesellige Teil der gut besuchten Veranstaltung auf der Terrasse des Bootshauses des Ruder-Clubs „Favorite Hammonia“. Mit Blick auf die Außenalster, guten (und reichlichen) Getränken und Häppchen gingen die Diskussionen lebhaft weiter.

(Alicia Helle)

7. Online Veranstaltung am 2. November 2021: Haften Eltern für Ihre Kinder?

Am 2. November 2021 fand getreu dem Motto #wirbleibenzuhause eine weitere Online Veranstaltung statt. Bewaffnet mit einer Tasse heißen Tee & Kakao (ggf. auch Glühwein) tauchten die C-L-F Mitglieder ein weiteres Mal in die Welt des Kartelldeliktsrecht ein.

Das Thema einmal mehr hochaktuell: Wer haftet für Kartellverstöße? Seit Skanska (Rs. C-724-/17) wissen wir bereits: die Mutter haftet für ihre Tochter, sofern sie eine wirtschaftliche Einheit bilden. Aber haftet auch die (unbeteiligte) Tochter für ihre Mutter? Haften Schwesterunternehmen? Nur wenige Wochen vor der Veranstaltung hatte der EuGH in der Entscheidung Sumal (Rs. C-882/19) eine (klare?) Antwort:

Nach alledem ist auf die Fragen 1 bis 3 zu antworten, dass Art. 101 Abs. 1 AEUV dahin auszulegen ist, dass das Opfer einer wettbewerbswidrigen Verhaltensweise eines Unternehmens eine Schadensersatzklage sowohl gegen eine Muttergesellschaft als auch gegen eine Tochtergesellschaft dieser Gesellschaft, die von diesem Beschluss nicht betroffen ist, erheben kann, sofern sie zusammen eine wirtschaftliche Einheit bilden.“ (Rn. 67)

Wer wäre nun besser geeignet uns diese Entscheidung und ihre weitreichenden Auswirkungen auf das Kartelldeliktsrecht darzustellen als Prof. Kersting von der Universität Düsseldorf. Er ist nicht nur schon sehr früh (Der Konzern 2011, 445 ff.), sondern auch beharrlich (z.B. WuW 2014, 564 ff.; WuW 2016, 329; VersR 2017, 581; ZHR 2018, 8 ff; CB 2019, 273 ff.) für die Übertragung des kartellrechtlichen Begriffs der wirtschaftlichen Einheit in das Kartelldeliktsrecht eingetreten – und hat Recht behalten. Noch bereichert wird sein Vortrag von seinem Habilitanden Juniorprof. Otto, der sich mit dieser Thematik ebenfalls bereits intensiv auseinandergesetzt hat (z.B. NZKart 2020, 285 ff.; NZKart 2020, 355 ff.). Besonders interessant wurde der Vortrag als es zu den zahlreichen offenen Folgefragen nach der Sumal-Entscheidung kam. Die beiden Referenten hatten hier nämlich keineswegs identische Antworten und Ansichten, vielmehr kam es zu einem spannenden und gleichzeitig humorvollen Schlagabtausch der beiden Wissenschaftler. Im Anschluss setzte sich die Diskussion in breiter Runde fort und die C-L-F Mitglieder hatten Gelegenheit ihre zahlreichen Fragen loszuwerden.

Wir danken Prof. Kersting und Jun.-Prof. Otto für den großartigen Vortrag und den sich so zahlreich einwählenden C-L-F Mitgliedern für die angeregte (virtuelle) Diskussion.

Die Präsentation von Prof. Dr. Christian Kersting, LL.M. (Yale) und Jun.-Prof. Dr. Jannik Otto lässt sich nachstehend herunterladen.

Wer sich noch näher mit der Haftung der wirtschaftlichen Einheit befassen möchte, kann dies gut an dem zweiteiligen Aufsatz der beiden Referenten in der NZKart 2021, 651 ff. und 2022, 14 ff.

(Alicia Helle)

6. Hybrid-Veranstaltung am 17. September 2021 in Frankfurt

Am 17. September 2021 fand in Frankfurt in den Kanzleiräumen  von ARNECKE SIBETH DABELSTEIN unsere erste Hybrid-Präsenzveranstaltung seit der Pandemie statt. Und es hat riesig Spaß gemacht – 40 Präsenzgäste und etwa dieselbe Zahl von Online-Gästen kamen in den Genuss hervorragender Vorträge und diskutierten anschließend angeregt über eines der großen Themen des Kartellschadensersatzrechts: der richterlichen Schätzung von Kartellschäden. Der Abend endete mit Drinks & Nibbles und fortgesetzten Diskussionen.

Das Thema ist spätestens seit der Entscheidung des LG Dortmund (8 O 115/14 (Kart)) in aller Munde. Das Landgericht hatte die Überlegungen von VRiOLG Prof. Kühnen aus der NZKart 2019, 515 umgesetzt und die Höhe des Kartellschadens ohne Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens anhand der Einzelheiten der Kartellabsprache und ihrer Praktizierung nach § 287 ZPO geschätzt. Die in dem Verfahren eingereichten wettbewerbsökonomischen Privatgutachten fanden keine weitere Berücksichtigung. Das Urteil hat zu einer heftigen Diskussion im Schrifttum geführt und dürfte inzwischen Streitpunkt in den meisten Kartellschadensersatzverfahren sein.

Während traditionellere Prozessualisten die „Einheit des Zivilprozessrechts“ (so Thole, NZKart 2021, 5) in Gefahr sahen und die Schätzung ablehnten (auch: Hornkohl, NZKart 2020, 661), verteidigten andere diesen Ansatz (Kersting, WuW 2020, 619; Brueckner, BB 2020, 2579) oder entwickelten ihn behutsam weiter (Thiede, NZKart 2020, 657. Wieder andere wollten lediglich eine den speziellen Besonderheiten des Streitfalls geschuldete Einzelfallentscheidung erkennen (Nuys/Huerkamp/Eckenroth, NZKart 2020, 666). Zumindest letzteres hat sich nicht bewahrheitet. Das Landgericht Dortmund erließ in der Folgezeit ungerührt zwei weitere Schätzurteile (26/16 und 116/14, juris) und das OLG Celle (Urteil vom 12. August 2021 – 13 U 120/16 (Kart)) hat unlängst einen durch das Spanplattenkartell verursachten Schaden in Höhe von knapp EUR 9 Mio eigenständig nach § 287 ZPO geschätzt. Das OLG begründet seine Schadens-schätzung auf über 100 Rn. (aaO, Rn. 95 ff.) anhand der (marktstrukturellen) Merkmale des konkreten Kartells.

Selbst der BGH hat in seiner Entscheidung Schienenkartell VI (KZR 63/18, Link) unter Berufung auf die bekannten Metastudien (Oxera, Connor) eine Schadenspauschalisierung von bis zu 15% Overcharge in AGB-Klauseln für zulässig gehalten. Die Frage, die sich stellt, ist, ob dieselben oder zumindest ähnliche Erwägungen, welche die Schadens(ab)schätzung durch den Klauselverwender zulassen, auch für die richterliche Schadensschätzung nach § 287 ZPO gelten. Von ökonomischer Seite ist nach kurzer Schockstarre deutliche Kritik an dem Urteil des LG Dortmund (Rinnen/Wandschneider, NZKart 2021, 11; Deuflhard/Heller/Winkler, NZKart 2021, 147; ) und den Metastudien als Grundlage von Schätzungen (Bayer/Rinnen/Wandschneider, NZKart 2021, 407; Coppik/Heimeshoff, WuW 2020, 584) geäußert worden.

Vor diesem Hintergrund haben wir die verschiedenen Ansichten zu Wort kommen lassen und anschließend angeregt diskutiert.

Jean-François Laborde hat in einer hochspannenden Präsentation die jüngsten Ergebnisse seiner 5. empirischen Erhebung zur Kartellschadensermittlung vor europäischen Gerichten dargestellt. Seine Zahlen belegen eine weiter stark wachsende Fallzahl von Kartellschadensersatzfällen vor europäischen Gerichten, wobei sich ein gewisser „Systemwettbewerb“ der unterschiedlichen Rechtsordnungen anzudeuten scheint. Der von ihm ermittelte Median der zugesprochenen Kartellschäden liegt bei 10 %.

Jean-François hat uns freundlicherweise die in der Concurrence veröffentliche Zusammenfassung seiner Studie zur Verfügung gestellt. Sie kann hier heruntergeladen werden, das Passwort ist den Mitglieder bekannt:  

CLF-Laborde-Cartel-damages-actions-in-Europe-How-courts-have-assessed-cartel-overcharges-2021

RA Dr. Thomas Thiede von Spieker & Jaeger hat uns anschließend die dogmatischen Grundlagen von § 287 ZPO erklärt und dargelegt, anhand welcher Kriterien die richterliche Kartellschadensschätzung nach § 287 ZPO erfolgten sollte.

Seine Slide-Set ist hier abrufbar (Passwort ist bekannt): CLF-Presentation-Thiede

Dr. Juliane Bayer von CEG stellte ökonomische Überlegungen zur freien richterlichen Schätzung an und präsentiere interessante Vorschläge, wie die gerichtliche Schadensermittlung unter Einbeziehung von ökonomischem Sachverstand effizienter gestaltet werden könnte.

Ihr Slide-Set ist hier abrufbar (Passwort ist bekannt): CLF-Presentation-Bayer

(Rüdiger Lahme)

Bericht: 5. Online Verstanstaltung am 17. Juni 2021

Thema des Webinars war Trucks-Entscheidung der Rechtbank Amsterdam vom 12. Mai 2021. Die Entscheidung befasst sich v.a. mit dem Anwendungsbereich der Komm-Entscheidung und der Wahrscheinlichkeit einer Schadensentstehung. 

Es diskutierten der Klägervertreter der CDC in dem Verfahren Joost A. Möhlmann, mit der im Kartellschadensersatzrecht habilitierten Wissenschaftlerin Prof. Dr. Franziska Weber von der Erasmus Universität Rotterdam mit dem deutschen Beklagtenvertreter Dr. Henner Schläfke von Noerr. Die Diskussionsleitung übernahm CLF Vorstand Eckard Wagner gemeinsam mit CLF Beirat VRiLG Gerhard Klumpe.

Die niederländischen Spezialisten Joost Möhlmann und Prof. Dr. Franziska Weber haben uns zunächst in die Besonderheiten des Amsterdamer Verfahrens eingeführt. Dr Henner Schläfke hat sodann die prozess- und materiellrechtliche Parallelen und Unterschiede zur deutschen Rechtslage sowie zur BGH-Rechtsprechung zum Kartellschadensersatz, insbesondere im LKW-Kartell aufgezeigt.

An die Vorträge schloss sich eine sehr lebhafte Diskussion an.  

(Eckart Wagner) 

Bericht: 4. Online Veranstaltung am 11. Mai 2021

Manchmal ist es vielleicht auch gar nicht so schlecht, wenn eine Veranstaltung „nur“ online stattfindet. Zumindest wenn wir ein so kontroverses Thema wie die „kartellrechtliche Discovery“ behandeln.

Dabei hatte der Abend so harmonisch begonnen. Thomas Funke führte kurz ein und stellte die Agenda dar. Ich berichtete über die aktuelle Lage des Vereins, der bereits auf knapp 120 Vollmitglieder angewachsen ist.

Die Spannungskurve stieg dann mit dem Vortag von Dr. Andreas Ruster. Andreas trug vor zum Thema „§ 33g GWB zwischen Wunsch und Wirklichkeit“. Dabei stelle er konzis und durchaus kritisch die abwehrende Haltung mancher (west)deutscher Gerichte in Fragen der Offenlegung dar und wies auf die unionsrechtlichen Anforderungen an die effiziente private Durchsetzung des Kartellrechts hin. Dies hat auch der Gesetzgeber mit der 10. GWB-Novelle erkannt und der genannten Rechtsprechung den Boden entzogen. Sodann widmete sich Andreas der (nicht rechtskräftigen) Entscheidung des LG Hannover vom 17.12.2020, (13 O 265/20) in Sachen Altbatterien-Kartell. Dort ging es um die Herausgabe der ungeschwärzten Kommissionsentscheidung nach § 89b Abs. 5 GWB. Das Gericht hat die Herausgabe prinzipiell verfügt, dem Antragssteller allerdings weitgehende Beschränkungen auferlegt, um die vertraulichen Informationen in der Kommissionsentscheidung vor einer unkontrollierten Veröffentlichung zu schützen. Andreas schloss mit seinem Fazit, dass die Auskunftsansprüche den deutschen Zivilprozess bislang nicht in einem Maße revolutionieren, wie es manche gehofft und andere befürchtet haben mögen. Perspektivisch prognostiziert er eine Zunahme dieser Verfahren, da die Möglichkeiten der Informationserlangung direkt bei den Kartellbehörden eingeschränkt werden. Diese Zunahme könne aber vorübergehend sein, zumindest dann, wenn sich Darlegungs- und Beweislast und Tatsachenkenntnis infolge von Vermutungsregeln stärker vereinen.

Prof. Dr. Moritz Lorenz  von Arnecke Sibeth Dabelstein gab sodann ein Statement aus Sicht der (derzeit) erfolgreichen Antragstellerin in dem Altbatterien-Fall ab und verteidigte die Herangehensweise der Hannoveraner Kartellkammer. Dr. Henner Schlaefke von Noerr hielt als Prozessvertreter der Antragsgegnerin engagiert dagegen, wies darauf hin, dass die Entscheidung auch noch nicht vollstreckt sei und zeigte sich im übrigen überzeugt, dass das Rechtsmittelgericht eine andere Auffassung vertreten werde. Dr. Lena Hornkohl, Habilitandin am MPI Luxemburg nahm eine Bewertung auf Sicht der Wissenschaft vor und verlangte vor allem Kohärenz des Schutzes vertraulicher Informationen auf nationaler und europäischer Ebene.

Es schloss sich eine engagierte Diskussion an, in der die Ansätze der Referenten bestätigt oder kritisch hinterfragt wurden. Unter Beachtung der Chatham-House Rules sehe ich von einer näheren Darlegung ab. Nur so viel: es wurde engagiert aber stets höflich und kenntnisreich diskutiert!

Die Präsentation von Andreas lässt sich nachstehend abrufen:

(Rüdiger Lahme)

Bericht: 3. Online-Veranstaltung am 12. November 2020

Am 12. November 2020 hat unser Beirat Dr. Johannes Holzwarth, Policy Officer bei der GD Wettbewerb der Europäischen Kommission, einen online-Vortrag zur Zusammenarbeit zwischen der Kommission und nationalen Gerichten gehalten. Der Vortrag war Vereinsmitgliedern des C-L-F vorbehalten. Über 60 Mitglieder wählten sich namentlich ein.

Johannes stellt zunächst die Rechtsquellen der Zusammenarbeit dar, vom EuV über die Verordnung 1 und Schadensersatzrichtlinie bis hin zur Zusammenarbeitsbekanntmachung. Anschließend ging er auf die unterschiedlichen Arten der Zusammenarbeit ein und bewertete ihre praktische Relevanz . Schließlich widmete sich Johannes der für Praktiker schwer zu beurteilenden Frage, welche Fälle aus behördlicher Sicht für eine Zusammenarbeit mit den nationalen Gerichten geeignet sein könnten.

Die anschließende Diskussion verlief sehr lebhaft und konzentrierte sich auf praxisrelevante Fragen. Thomas Funke und Rüdiger Lahme moderierten die per Chat gestellten Fragen der Teilnehmer und hakten selbst nach. Über den genauen Inhalt der Diskussion wird vor dem Hintergrund der Chatham-House-Rules ein Mantel des Schweigens ausgebreitet, nur soviel: die Möglichkeit der Beteiligung der Kommission an Zivilverfahren wird gemeinhin unterschätzt und könnte durchaus öfter genutzt werden…

Wer sich näher mit der Thematik befassen möchte, kann dies gut anhand des von Johannes verfassten Kapitels: „Cooperation between the Commission and the Courts of the EU Member States“ aus dem Werk „EU Antitrust Procedure“ herausgegeben von Ekaterina Rousseva, Oxford University Press (2020):

Die Präsentation von Johannes lässt sich nachstehend abrufen. Das Passwort wurde in der Veranstaltung bekanntgegeben:

(Rüdiger Lahme)

Bericht: 2. Veranstaltung am 15. Januar 2020 in Hamburg – Europarecht

Jedermann bleibt jedermann – unter diesem Motto diskutierten gut 70 Teilnehmer in einem bis zum letzten Platz gefüllten Saal der Kanzlei Quinn Emanuel in Hamburg am 15. Januar 2020 die Folgen der Entscheidung Otis (C-435/18) für das Kartelldeliktsrecht. Nach einer Begrüßung gab Prof. Dr. Rüdiger Lahme (Quinn Emanuel) als Gastgeber und für den Vorstand des Competition Litigation Forums einen Überblick über die Ziele des Vereins, erklärte die Chatham-House-Rules und stellte die günstige Mitgliederentwicklung in den beiden Monaten seit Gründung vor. Er lud alle Interessierte des Kartelldeliktsrechts zur Mitwirkung ein und kündigte die nächste Veranstaltung für den 12. November 2020 in Frankfurt an. Weitere Veranstaltungen sind geplant, ggf. auch vor der Frankfurter Veranstaltung. Termine und Themen werden über die Linked-in Gruppe sowie auf www.c-l-f.eu bekannt gemacht.

Den Auftakt für das wissenschaftliche Programm machte sodann Dr. Isabelle Innerhofer von der Kanzlei Binder Grösswang in Wien, die das Land Oberösterreich in der Rechtssache Otis vor dem EuGH vertreten hat. Sie gab einen Überblick über die Hintergründe des Rechtsstreits und seinen Gang durch die österreichischen und europäischen Instanzen. Ihre Darstellung der zugrundeliegenden österreichischen Haftungsvorschriften, die auch den Gerichtshof in der Vorbereitung der Verhandlung interessiert hatten, und ihre Einordnung des Urteils und der Schlussanträge in den Kontext des Gesamtrechtsstreits machten die Entscheidung verständlicher und gestatteten es, den Hintergrund konkreter Urteilspassagen nachvollziehen zu können.

Anknüpfend an ihren Beitrag widmete sich Prof. Dr. Wolfgang Wurmnest von der Universität Augsburg den Folgen der Entscheidung für das Kartelldeliktsrecht. Er fokussierte auf drei Fragen, nämlich die nationale oder unionsrechtliche Rechtsnatur des kartelldeliktischen Schadensersatzanspruchs, die Reichweite der Aktivlegitimation nach Otis und die Folgen für den Kausalität und Rechtswidrigkeitszusammenhang. Zur Rechtsnatur plädierte der Referent für ein Festhalten an einem grundsätzlich im nationalen Recht fundierten Anspruch, auch wenn dieser nach den jüngeren Entscheidungen Kone, Skanska und Otis zunehmend durch unionale Vorgaben überformt werde. Bei der Reichweite der Aktivlegitimation stellte Wurmnest in Frage, ob eine Begrenzung auf marktvermittelte Schäden nach Otis noch haltbar sei. Die Frage der Möglichkeit einer Eingrenzung der Anspruchsberechtigten verschiebe sich daher immer stärker auf die Tatbestandsmerkmale der Kausalität und des zugehörigen Rechtswidrigkeitszusammenhangs. So seien etwa Begrenzungen bei Folgeschäden denkbar, die aufgrund autonomer Entscheidungen des Geschädigten entstünden oder die insgesamt außerhalb des Schutzzwecks der Kartellvorschriften liegen.

In der sich anschließenden Diskussion wurde zunächst die Frage nach der Unionsrechtskonformität des Kriteriums der Betroffenheit aufgeworfen. Während sich manche Teilnehmer für eine generelle Bedeutungslosigkeit dieses Merkmals aussprachen, wiesen andere auf dessen vielschichtige und in der Rechtsprechung nicht vollständig klare Ausprägung hin, die möglicherweise ein Festhalten gestatte. Auch sei denkbar, zwischen Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen zu unterscheiden. Es wurde ferner erwogen, welchen Beitrag die Wirtschaftswissenschaft für eine sachgerechte Eingrenzung des Kreises der Anspruchssteller leisten könne. Auch wurde vorgeschlagen, an die Rechtsprechung des Gerichtshofs zur Kausalität in anderen Gebieten wie etwa dem Staatshaftungsrecht anzuknüpfen. Schließlich wurde ausführlich diskutiert, ob und inwiefern die Entscheidung des Gerichtshofs auf den konkreten Ausgangsrechtsstreit und die Rahmenbedingungen des österreichischen Rechts zu beschränken oder zu generalisieren sei. Nach einer sehr lebhaften Diskussion klang der Abend bei kühlen Getränken und Sushi noch länger aus.

(Prof. Dr. Christian Heinze, Beirat)

Die Präsentation von Prof. Dr. Wolfgang Wurmnest lässt sich nachstehend herunterladen.

Bericht: 1. Veranstaltung am 14. November 2019 in Köln – Gründung & Beweisrecht

Gründung

Unsere Gründungsversammlung fand am 14. November 2019 in Köln in den Kanzleiräumen von Osborne & Clarke statt. Eine hochmotivierte Gruppe von zivilen Kartellrechtlern diskutierte und gestaltete die Satzung, stimmte über Vorstände ab und ermöglichte mit ihren Unterschriften unter die Satzung die Eintragung des Vereins.

Beweiserleichterungen im Kartellschadensersatz

Direkt im Anschluss and die Gründungsversammlung hielt der Vorsitzende Richter der Dortmunder Kartellkammer Dr. Gerhard Klumpe einen hervorragenden Vortrag mit dem Titel:

Beweiserleichterungen im Kartellschadensersatz nach der Schienenkartellentscheidung des BGH: Erfolge und Enttäuschungen.

Er unterzog der Schienenkartellentscheidung (KZR 26/17) des Bundesgerichtshofs einer kritischen Würdigung, stellte Inkonsistenzen zur bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshof bloß und wies auf die Folgen für die Entscheidungspraxis der Tatsacheninstanzen hin.

Im Anschluss entwickelte sich eine lebhafte Diskussion. Einige Stimmen sahen sich in der Kritik bestätigt, andere verteidigten die Schienenkartellentscheidung und wiesen daraufhin hin, dass es „das Kartell“ in der Lebensrealität eben nicht gebe, so dass daran auch keine Automatismen anknüpfen dürften.

Insgesamt waren etwa 70 Teilnehmer anwesend. Vortrag und die Diskussion waren durchgängig auf sehr hohem Niveau. Im Anschluss lud unser Gastgeber, die Kanzlei Osborne Clarke, noch zu Drinks und Fingerfood ein.

Ein perfekter Auftakt für das Forum. Das Slideset von Dr. Klumpe kann hier runtergeladen werden:
(Prof. Dr. Rüdiger Lahme, Vorsitzender)